Ob einen schicken Schal aus Strick, das hippe und gerade bei Bloggern so begehrte Shirt oder sogar Unterwäsche - fast jeder Onlineshop hat Kleidung in seinem Sortiment, manchmal sogar "lediglich" als Merchandisingartikel. Bevor Textilerzeugnisse jedoch in den Verkehr gebracht werden, sollte man sich mit den rechtlichen Vorgaben, die innerhalb der EU gelten, beschäftigen. Der nachfolgende Beitrag gibt daher einen Überblick über die "EU-TextilkennzeichnungsVO" und erläutert, was im Fernabsatz bei dem Vertrieb von Textilien zu beachten ist.
Pflichten der Händler
Aufgrund der europäischen Textilkennzeichnungsverordnung (online abrufbar unter Verordnung (EU) Nr. 1007/2011, im Folgenden "EU-TextilkennzeichnungsVO" genannt) werden die Industrie und der Handel verpflichtet, Verbraucher darüber zu informieren, aus welchen textilen Rohstoffmengen die im Geschäftsverkehr angebotenen Textilerzeugnisse bestehen. Diese Kennzeichnungspflicht dient dazu, es dem Verbraucher möglich zu machen, sich über die Qualität, Verwendbarkeit und textile Zusammensetzung der Textilerzeugnisse zu informieren.
Händler, die Textilerzeugnisse in den Verkehr bringen, dürfen aufgrund der EU-TextilkennzeichnungsVO u.a.
- nur die Faserzusammensetzungen nach Anhang I der EU-Textilkenn-zeichnungsVO auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen verwenden,
- die Bezeichnungen nach Anhang I der EU-TextilkennzeichnungsVO weder alleinstehend nich in Wortverbindungen oder als Eigenschaftswort für andere Fasern verwenden,
- keine Firmenbezeichnungen oder Markenzeichen als Rohstoffgehalts-angabe verwenden, da bei dem Verbraucher ansonsten falsche Vorstellungen über die Beschaffenheit erregt werden könnten. Diese dürfen den gemäß EU-TextilkennzeichnungsVO zulässigen Textilfaser-bezeichnungen aber unmittelbar voran- oder nachgestellt werden, wobei jedoch andere Informationen stets getrennt davon aufgeführt werden müssen (Art. 16 Abs. 2 EU-TextilkennzeichnungsVO).
Kennzeichnungspflichtige Produkte
Nun stellt sich die Frage, welche Produkte überhaupt unter die EU-Textilkennzeich-nungs-VO fallen. Etwa alle Artikel, die Stoff enthalten oder aus diesem bestehen?!
Gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. a der EU-TextilkennzeichnungsVO handelt es sich bei einem Textilerzeugnis um ein Erzeugnis, welches im rohen, halbverarbeiteten, verarbeiteten, halbkonfektionierten oder konfektionierten Zustand ausschließlich Textilfasern enthält, unabhängig von dem zur Mischung oder Verbindung angewandten Verfahren.
Außerdem legt die Verordnung fest, dass auch einige andere Erzeugnisse den Textilerzeugnissen gleichgestellt werden und führt diese in Art. 2 Abs. 2 auf:
- Erzeugnisse mit einem Gewichtsanteil an Textilfasern von mindestens 80 %
- Bezugsmaterial für Möbel, Regen- und Sonnenschirme mit einem Gewicht-anteil an Textilkomponenten von mindestens 80 %
- Textilkomponenten, der oberen Schicht mehrschichtiger Fußbodenbeläge, von Matratzenbezügen sowie von Bezügen von Campingartikeln, sofern diese Textilkomponenten einen Gewichtsanteil von mindestens 80 % dieser oberen Schichten oder Bezüge ausmachen,
- Textilien, die in andere Waren eingearbeitet sind und zu deren Bestandteil werden, sofern ihre Zusammensetzung (freiwillig) angegeben ist.
Produkte, die nicht unter die verordnung fallen
Nach Artikel 17 Abs. 2 i.V.m. Anhang V der EU-TextilkennzeichnungsVO ist die Angabe der Bezeichnung von Textilfasern oder der Faserzusammensetzung nicht erforderlich bei:
- Hemdsärmelhalter,
- Armbänder für Uhren, aus Spinnstoffen (= textile Fasern),
- Etiketten und Abzeichen,
- Polstergriffe, aus Spinnstoffen,
- Kaffeewärmer,
- Teewärmer,
- Schutzärmel,
- Muffe, nicht aus Plüsch
- Künstliche Blumen,
- Nadelkissen,
- Bemalte Leinwand,
- Textilerzeugnisse für Verstärkungen und Versteifungen,
- Gebrauchte, konfektionierte Textilerzeugnisse, sofern sie ausdrücklich als solche bezeichnet sind,
- Gamaschen,
- Verpackungsmaterial, nicht neu und als solches verkauft,
- Täschnerwaren und Sattlerwaren, aus Spinnstoffen,
- Reiseartikel aus Spinnstoffen,
- Fertige oder noch fertigzustellende handgestrickte Tapisserien und Material zu ihrer Herstellung einschließlich Handstickgarne, die getrennt vom Grundmaterial zum Verkauf angeboten werden und speziell zur Verwen-dung für solche Tapisserien aufgemacht sind,
- Reißverschlüsse,
- Mit Textilien überzogene Knöpfe und Schnallen,
- Buchhüllen aus Spinnstoffen,
- Spielzeug,
- Textile Teile von Schuhwaren,
- Deckchen aus mehreren Bestandteilen mit einer Oberfläche von weniger als 500 cm2,
- Topflappen und Topfhandschuhe,
- Eierwärmer,
- Kosmetiktäschchen,
- Tabaksbeutel aus Gewebe,
- Futterale beziehungsweise Etuis für Brillen, Zigaretten und Zigarren, Feuerzeuge und Kämme, aus Gewebe,
- Hüllen für Mobiltelefone und tragbare Medienabspielgeräte mit einer Oberfläche von höchstens 160 cm2,
- Schutzartikel für den Sport, ausgenommen Handschuhe,
- Toilettenbeutel,
- Schuhputzbeutel,
- Bestattungsartikel,
- Einwegerzeugnisse, ausgenommen Watte
- Den Vorschriften des Europäischen Arzneibuchs unterliegende Textilerzeug-nisse, für die ein entsprechender Vermerk aufgenommen wurde, wieder verwendbare medizinische oder orthopädische Binden und allgemeines orthopädisches Textilmaterial,
- Textilerzeugnisse, einschließlich Seile, Taue und Bindfäden (vorbehaltlich Anhang VI Nr. 12), die normalerweise bestimmt sind zur Verwendung als Werkzeug bei der Herstellung und der Verarbeitung von Gütern sowie zum Betrieb, zur Wartung oder zur Ausrüstung dieser Geräte, mit Ausnahme von Planen und Textilzubehör für Kraftfahrzeuge, das getrennt von den Fahrzeugen verkauft wird,
- Textilerzeugnisse für den Schutz und die Sicherheit, wie zum Beispiel Sicherheitsgurte, Fallschirme, Schwimmwesten, Notrutschen, Brandschutzvorrichtungen, kugelsichere Westen, besondere Schutzanzüge (zum Beispiel Feuerschutz, Schutz vor Chemikalien oder anderen Sicherheitsrisiken),
- Ballonhallen (Sport-, Ausstellungs-, Lagerhallen usw.), sofern Angaben über die Leistungen und technischen Einzelheiten dieser Erzeugnisse mitgeliefert werden,
- Segel,
- Textilwaren für Tiere,
- Fahnen und Banner.
Diese Artikel könnten jedoch Kennzeichnungspflichten aufgrund anderer Gesetze oder Verordnungen (zum Beispiel aufgrund des Produktsicherheitsgesetzes) unterliegen.
Außerdem sind bestimmte Artikel bei der Bestimmung der Faserzusammensetzung gemäß Art. 19 Abs. 2 i.V.m. Anhang VII der EU-TextilkennzeichnungsVO nicht zu berücksichtigen (auf eine Wiedergabe der Liste wird an dieser Stelle verzichtet) und Textilerzeugnisse, die ohne Übereignung an Heimarbeiter oder selbstständige Unternehmer zur Weiterverarbeitung übergeben werden (Art. 2 Abs. 3 EU-TextilkennzeichnungsVO) sowie maßgeschneiderte Textilerzeugnisse, die von selbstständigen Schneidern hergestellt wurden (Art. 2 Abs. 4 EU-Textilkennzeich-nungsVO fallen auch nicht unter die Verordnung.
Welche Bezeichnungen Sind anzugeben
Für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen dürfen ausschließlich exakt die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der Verordnung benutzt werden. Sollten Fasern nicht im Anhang I aufgeführt sein, so dürfen diese entsprechend dem Stoff, aus dem sie sich zusammensetzen gekennzeichnet (vgl. Anhang I Nr. 48 der Textilkenn-zeichnungsVO) oder als "sonstige Fasern" bezeichnet werden (vgl. Art. 9 Abs. 5 TextilkennzeichnungsVO).
Wie SIND die Textilerzeugnisse zu Kennzeichnen
Die Etikettierung und Kennzeichnung der Textilerzeugnisse hat zunächst in der Amtssprache oder in den Amtssprachen des Mitgliedsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden, zu erfolgen (vgl. Art. 16 Abs. 3 der EU-TextilkennzeichnungsVO).
Es dürfen keine anderen Bezeichnungen als in der Anlage I der EU-TetilkennzeichnungsVO angegeben, verwendet werden.
Dementsprechend dürfen die in Anlage I benannten Faserbezeichnungen weder falsch (zum Beispiel mit "Lycra" oder "Spandex") angegeben, noch abgekürzt oder ergänzt beziehungsweise erweitert werden. Die Angabe "Wildseide" oder "echte Seide" ist zum Beispiel verboten und damit auch wettbewerbswidrig. Entsprechendes gilt für die Angabe "100 % Merinowolle". Die Rasse des Tieres kann jedoch getrennt von der Bezeichnung der Faser angegeben werden, so dass die Bezeichnung "100 % Merinowolle" zulässig wäre.
Ausschließlich reine Textilerzeugnisse (= Erzeugnisse, die ausschließlich aus einer Faser entsprechend des Anhangs I der EU-Textilkennzeichnungsverordnung bestehen) dürfen gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung den Zusatz "100 %" oder "rein" oder "ganz" führen.
Bei Multifaser-Textilerzeugnissen (= Erzeugnisse, die aus mehreren Fasern bestehen) muss die Bezeichnung und der Gewichtsanteil aller im Erzeugnis enthaltenen Fasern gemäß Art. 9 Abs. 1 der EU-TextilkennzeichnungsVO in absteigender Reihenfolge angegeben werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ausnahmslos alle Gewichtsanteile in Prozent angegeben werden muss.
Bei Textilerzeugnissen, deren Zusammensetzung zum Zeitpunkt der Herstellung schwierig zu bestimmen ist, sieht Art. 9 Abs. 2 und 4 der Verordnung eine vereinfachte Kennzeichnung vor.
Außerdem gelten nach der EU-TextilkennzeichnungsVO für bestimmte Textilerzeugnisse besondere Kennzeichnungsvorgaben. Diese sind dem Anhang IV der Verordnung zu entnehmen. So ist bei Büstenhaltern die Faserzusammensetzung auf dem Etikett und der Kennzeichnung entweder durch Angabe der Zusammensetzung des gesamten Erzeugnisses oder global oder getrennt durch Angabe der Zusammensetzung der einzelnen Teile dieser Artikel anzugeben: äußeres und inneres Gewebe der Oberfläche der Schalen und des Rückenteils.
Bei Textilerzeugnissen, die als Meterware verkauft werden, ist die Faserzusammensetzung gemäß Art. 17 Abs. 4 der EU-TextilkennzeichnungsVO entweder auf dem Stück oder auf der Rolle anzugeben. Eine Kennzeichnung nur eines Exemplars ist bei Textilerzeugnissen, die als Einheiten verkauft werden (zum Beispiel Handschuhe), ausreichend.
Wann ist Eine Kennzeichnung erforderlich
Sobald ein Textilerzeugnis auf dem Markt bereitgestellt wird, sind die Beschreibungen der Textilfaserzusammensetzung in Katalogen, in Prospekten, auf Verpackungen, Etiketten und Kennzeichnungen anzugeben. Die Angabe hat leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar sowie in einem Schriftbild, das in Bezug auf Schriftgröße, Stil und Schriftart einheitlich ist, zu erfolgen. Für den Verbraucher müssen diese Informationen vor dem Kauf deutlich sichtbar sein. Dies gilt auch dann, wenn der Kauf auf elektronischem Wege erfolgt (vgl. Art. 16 Abs. 1 der EU-TextilkennzeichnungsVO).
Eine Kennzeichnung gemäß der Vorgaben der EU-TextilkennzeichnungsVO ist also bei Katalogen und Prospekten mit direkter Bestellmöglichkeit erforderlich. Sofern dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben wird, eine Entscheidung über den Kauf des Artikels zu fällen, weil insbesondere der Preis der Ware angegeben ist, hat ebenfalls eine Kennzeichnung des Textilerzeugnisses zu erfolgen.
Kennzeichnung im OnlineSHOP / Internet
Da die Kennzeichnung gemäß der Verordnung vor dem Kauf leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar für den Verbraucher abrufbar sein muss, sollten die geforderten Informationen direkt neben oder unter dem Angebot auf der Seite, auf der der Verbraucher das erste Mal die Möglichkeit hat, das Textilerzeugnis in den virtuellen Warenkorb zu legen, aufgeführt werden. Da dies nicht immer bei jedem Onlineshop oder -portal möglich ist, sind aber auch andere Kennzeichnungsvarianten denkbar, diese sollten jedoch im Einzelfall einer genaueren Prüfung unterzogen werden.