BGH: Filesharing über einen Familienanschluss

Headphones Music Rose Kopfhörer Musik loud

Durch einen illegalen Upload von Filmen, Musik oder Software droht die Gefahr von Abmahnungen durch die jeweiligen Rechteinhaber. Der BGH hatte sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit Eltern, deren erwachsene Kinder im Internet Musiktitel hochladen, verantwortlich sind. Müssen Eltern die Namen der erwachsenden Kinder verraten? 

Sachverhalt

Eine Familie, bestehend aus Vater, Mutter und drei erwachsenen Kindern, die allesamt noch bei den Eltern in der Wohnung leben, verwendet einen gemeinsamen WLAN-Router. Auf das Internet wird über unterschiedliche Laptops und PCs zugegriffen. Über den Anschluss der Familie wurde im Januar 2011 die Musiktitel des Album "Loud" von Rihanna im Wege des Filesharing öffentlich zugänglich gemacht. 

 

Die Klägerin, die die Verwertungsrechte der auf dem Album enthaltenen Musiktitel besitzt, hat die Eltern wegen Urheberrechtsverletzung auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 2.500,00 € sowie die Erstattung von Kosten für die außergerichtliche Abmahnung in Höhe von 1.379,80 € in Anspruch genommen. Die beklagten Eltern bestritten jedoch, die Rechtsverletzung begangen zu haben und erklärten vielmehr, dass ihre drei Kinder jeweils über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum Internetanschluss gehabt hätten. Sie wüssten zwar, welches der drei Kinder die Urheberrechtsverletzung begangen hätte, weigerten sich jedoch, diesbezüglich nähere Angaben zu machen.  

 

Der Klägerin wurde vom Landgericht München I (LG München I, Urteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5394/14) Schadensersatz in Höhe von 2.500,00 € sowie der Ersatz der Abmahnkosten in voller Höhe zugesprochen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil war erfolglos (OLG München, Urteil vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15). 

Die Entscheidung

Auch der BGH entschied für die Klägerin und hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen (BGH, Urteil vom 30.03.2017, Az. I ZR 19/16 - Loud). Die Klägerin trägt als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Anspruchsgegner, hier also die beklagten Eltern, Täter der Urheberrechtsverletzung und als Verantwortliche heranzuziehen sind. Der BGH führte hierzu jedoch aus, dass eine tatsächliche Vermutung dafür spreche, dass der Anschlussinhaber die Urheberrechtsverletzung auch begangen hat, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen, zum Beispiel andere Familienangehörige, den Internetanschluss benutzen konnten. Im Rahmen der sog. sekundären Darlegungslast habe der Anschlussinhaber entsprechende Auskünfte zu erteilen, da es sich um Umstände handeln würde, die aus seiner Sphäre stammen würden und die dem jeweiligen Anspruchsgegner nicht bekannt seien. Daher sei der Anschlussinhaber verpflichtet, die ihm jeweils zumutbaren Nachforschungen anzustellen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er hierbei erlangt hat. Käme der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nach und teile Umstände zur vermeintlichen Verletzungshandlung vor, sei es wiederum Sache des Anspruchstellers, darzulegen und nachzuweisen, dass der jeweils Inanspruchgenommene die Urheberrechtsverletzung begangen hat und dessen diesbezüglicher Vortrag unzutreffend ist. 

 

Im zu entscheidenden Fall hätten die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Sie hätten nicht die Namen des Kindes mitgeteilt, welches ihnen gegenüber erklärt habe, die Verletzungshandlung begangen zu haben. Auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der am Sachverhalt beteiligten Personen sei die Angabe den Beklagten zumutbar gewesen. Hierbei seien zugunsten der Klägerin das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta und Art. 14 des Grundgesetztes (GG) sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Grundrechtecharte gegenüber dem Grundrecht auf Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG abzuwägen. Zwar sei der jeweilige Anschlussinhaber hiernach nicht verpflichtet, zum Beispiel die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren oder dessen PC oder Laptop auf die Existenz von Filesharing-Software zu durchsuchen. Sollte der jeweilige Anschlussinhaber aber im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen Kenntnis davon erlangen, dass eines der Familienmitglieder die Verletzungshandlung begangen habe und ihm dessen Namen bekannt werden, so habe er auch dessen Namen mitzuteilen, sofern er eine eigene Haftung abwenden möchte (siehe Pressemitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr. 46/17 vom 30.03.2017).